Klares „Nein!“ zu erzieherischer Gewalt

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Die Vorsitzende des Kinderschutzbundes Augsburg Nazan Simsek zum umstrittenen Film „Elternschule“ und wie Erziehung gelingen kann

Es gibt keine perfekten Eltern. Erziehen stellt in jeder Altersklasse für sich eine Herausforderung
dar. In einer Zeit, in der Leistung und Erfolg großgeschrieben werden, erwarten wir von unseren
Kindern, dass sie „funktionieren“, mitlaufen, uns das Leben nicht unnötig erschweren. Dabei birgt
das Kind eine Chance für uns Erwachsene, vielem mit Lächeln, mit Neugier und mit Staunen zu begegnen, sich in den Moment fallen zu lassen, die Welt mit Kinderaugen zu sehen.

Kinder sind kleine Persönlichkeiten, die uns bedingungslos mit Liebe begegnen, uns aber auch
an unsere Grenzen bringen können. Es gibt kein Patentrezept der Erziehung. Jedes Kind hat für
sich seine Schwächen und Stärken, seine Ängste und Sorgen. Kinder können uns Eltern
auch den Spiegel vorhalten, in den wir blicken und unser Tun hinterfragen. Kinder brauchen
Struktur und stabile Eltern, um sich geborgen zu fühlen, sich entfalten zu können. Kinder brauchen
Grenzen und auch die Erfahrung, die gesetzten Grenzen zu strapazieren. Der umstrittene Film „Elternschule“, der in der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen gedreht wurde und im Kino zu sehen war, demonstriert Familiensituationen, in denen Eltern ihre Beziehung zum Kind nicht mehr zugewandt und positiv empfinden. Eltern und Kinder leiden und erleben sich gegenseitig nicht mehr zugewandt und kooperierend. Eltern lassen in dem Film ihr schreiendes Kind, das auf dem Boden liegt und protestiert, zurück, Kinder werden in Gitterbettchen in große Räume geschoben, sie sollen durchschlafen lernen, indem sie die Nacht ohne die Eltern verbringen. Kinder, die nicht essen, werden von Therapeuten mit hohem Kraftaufwand festgehalten und zum Essen gedrängt.

Mit diesem Film werden Kinder vorgeführt und das Aufzwingen einer Handlungsweise mit Gewalt
legitimiert. Der Wille des Kindes wird durch erzieherische Gewalt gebrochen.

Der Kinderschutzbund Augsburg sieht in diesem Film und den darin enthaltenen Erziehungs-/
Behandlungsmethoden einen Eingriff in die Kinderrechte. „Kinder sind Menschen, mit Persönlichkeitsrechten und dem Anspruch auf körperliche Unversehrtheit. Kindern ein Verhalten
und eine Handlung durch erzieherische Gewalt aufzuzwingen, verstößt gegen den Grundsatz
der unantastbaren Würde. Erziehung ist ein Prozess, ein Miteinander, ein Dialog. Starke Kinder
brauchen starke Eltern. Stärke misst sich jedoch nicht an der Kraft, sondern an Struktur, Regeln
und einem klaren Dialog, wer diese setzt. Eltern brauchen selbst gute Rahmenbedingungen in
einer familienfreundlichen Gesellschaft, um ihrem Erziehungsauftrag gerecht werden können. Eltern brauchen Unterstützung, damit sie selbst stark sein können“, so die Vorsitzende des Kinderschutzbundes Augsburg.

„Starke Eltern – Starke Kinder®“ heißt denn auch der Elternkurs, den der Deutsche  Kinderschutzbund bundesweit anbietet. Er zielt darauf, Mütter und Väter in ihrer Elternrolle zu
stärken, ihnen Verhaltenssicherheit zu geben und ihnen Möglichkeiten und Methoden zu zeigen, wie sie trotz der anstrengenden Herausforderungen der Erziehung in einer positiven Beziehung zu ihrem Kind bleiben können. Oft haben wir in der Praxis Eltern erlebt, die berichten, dass sich eine bereits in der Abwärtsspirale befi ndende Beziehung zu ihren Kindern wieder in einen „Engelskreis“ umkehrt, wenn sie selbst ihren Fokus ändern und beginnen, klar und dennoch wohlwollend und einfühlsam in Führung zu gehen.

Der Elternkurs „Starke Eltern – Starke Kinder®“ wird vom Augsburger Kinderschutzbund KV e.V. angeboten, auch in verschiedenen Sprachen. Nähere Informationen und Anmeldungen unter der Telefonnummer 0821/455406-34.