Auf dem Rücken der Pferde

HINWEIS: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr (Erscheinungsdatum: 12. Juni 2019). Es kann sein, dass Inhalte dieses Artikels sich geändert haben. Hier geht es zu unseren aktuellen Meldungen.

VOLTIGIEREN MIT DEM PFERDESPORTVEREIN AUGSBURG E.V.

Nicht nur reiten, sondern auch noch Akrobatik auf dem schwankenden, hohen Ross? Ich kann mich an meine ersten Versuche auf dem Pferd erinnern. Ich war vielleicht zwölf Jahre alt, meine Klassenkameradinnen waren alle pferdevernarrt und ich wollte das Reiten auch mal testen. Und dabei blieb es, da ich spätestens im Trab den Rücken des Pferdes verließ und den Boden eher unsanft wieder erreichte. Und nun bin ich hier, bei den Voltigierern des Pferdesportvereins Augsburg e.V., die hoch oben, auf einem schaukelnden Pferd auch noch turnerische und akrobatische Übungen ausführen. Und das in der Anfängergruppe bereits ab fünf Ihren.
Von Angelina Blon.

Am Stadtrand von Augsburg liegt im idyllischen Lechfeld die Anlage des Pferdesportvereins.
Noch sind alle im Stall. Die acht Mädchen und ein Junge richten gerade Amigo her. Der Haflinger, ein „Rentner“ aus dem Turnierbetrieb, lässt das Prozedere gutmütig über sich ergehen. Dazu gehört das Auskratzen der Hufe, das Kämmen der Mähne und das Striegeln des Körpers, wie mir
Sophia und Neele (beide 7) erklären. Das machen die Kinder unter Anleitung ihrer beiden Trainerinnen Kathrin und Elina. Die schwierigeren Arbeiten, wie das Anlegen der Gamaschen und des Voltigiergurts, erledigen die beiden selbst, allerdings unter den wachsamen Augen ihrer Schützlinge. „Die Kinder lernen dabei den Umgang mit dem Pferd und ihrer Ausrüstung. Das ist wichtig, denn sie müssen das später selbst können, vor allem wenn sie irgendwann vielleicht im Turnierbetrieb dabei sind“, so Kathrin. Amigo ist nun bereit und wird auf den Reitplatz geführt.

Dann heißt es erst mal aufwärmen, sowohl für Pferd als auch Mensch. Amigo, geführt von Kathrin, läuft an der Longe – eine lange Leine, mit der das Pferd im Kreis geführt wird – seine Runden, während die Kinder vier Runden um den Reitplatz joggen. Dann holen sie Matten, legen diese im Schatten eines Baumes auf dem Reitplatz aus und beginnen zusammen mit Elina verschiedene
Dehnübungen: „Schiebt euch in den Spagat runter.“ Kind für Kind kontrolliert sie, gibt Tipps und lobt. Es werden Äpfel gepflückt, Froschhüpfer gemacht und zum Abschluss des Aufwärmtrainings wird Handstand geübt. Dann kann es endlich zum Pferd gehen. Kathrin erklärt, was gemacht wird: „Wir machen heute zwei Übungen: die Fahne und den Stütz. Aber zuerst sagen wir Hallo zu Amigo und loben ihn.“ Jeweils drei Kinder, immer der Größe nach, gehen zu Kathrin in die Mitte. Sie laufen entlang der Longe an das Pferd an und klopfen den Hals des Tieres. Kathrin korrigiert dabei schon mal die Haltung oder den Lauf, wenn ein Kind zu weit weg von der Longe oder zu langsam ist. Elina, gerade mal selbst 14 Jahre alt und Mitglied der zweiten Turniergruppe, unterstützt die Kinder. Denn es ist gar nicht so einfach, sich nicht in der Longe zu verheddern, nah und schnell genug an Amigo ranzukommen, dabei auch noch auf die richtige Haltung zu achten und auf dem richtigen Weg abzugehen. Schwieriger wird nun die erste Übung „Fahne“. Denn nun heißt es rauf aufs Pferd. „Ich brauch noch ein bisschen Hilfe beim Hochsteigen, so ein Pferd ist schon ganz schön hoch!“, sagt Anika (9). Sie läuft an Amigo ran, greift sich den Griff des Voltigiergurtes und springt so gut sie kann ab, während Elina ihr den nötigen Schwung nach oben mitgibt. Dann sitzt sie auch schon. Jetzt heißt es Konzentration, denn zunächst werden erst mal nur die Arme auf die Seite gestreckt und man reitet sozusagen „freihändig“. Das ist der Grundsitz, aus dem es nun ins Knien geht. Hanna, die darauf wartet, als Nächste anzulaufen, erklärt mir: „Das ist jetzt nur im Schritt. Im Trab ist das viel schwieriger, da hoppelt es viel mehr.“

Anika hat inzwischen ein Bein nach hinten und einen Arm nach vorne gestreckt wie eine „Fahne“ eben. Während sie vom Pferd abgeht, läuft auch schon Hanna an. Auch sie macht die Fahne, geht danach aber gleich über in die nächste Übung „Stütz“, in der der gesamte Körper von Beinen bis
zum Kopf eine gerade Linie bildet, gehalten nur durch die Fußriste und die gestreckten Arme. Die Trainerinnen korrigieren vor allem die Körperhaltung und geben Tipps: „Voltigieren erfordert Kraft, Ausdauer, Ausdruck und auch Mut.“ So läuft Elina vor allem bei den Anfängern direkt nebenher. Suri (7), die heute das erste Mal schnuppert, hat noch Respekt: „Das Loslassen ist schon schwierig. Da hab ich noch ein bisschen Angst.“ Aber trotzdem klappt auch bei ihr die Fahne bereits in der zweiten Runde, sogar freihändig knien in einer späteren Runde. Suri ist danach mit Recht mächtig stolz auf sich.

Die Trainerinnen gehen auf jedes Kind und seinen Könnensstand ein. Die Erfahreneren üben auch schon mal Figuren zu zweit. Immerhin werden manche der Kinder an ersten Turnieren teilnehmen. „Wir haben eine Breitensportgruppe, die Vorführungen macht oder am Breitensportturnier teilnimmt. Dazu kommen unsere drei Leistungsgruppen, die regelmäßig an Turnieren teilnehmen“,
erklärt Kathrin während die Kinder die Loberunde am Ende des Trainings absolvieren. Da heißt es aufsitzen, diesmal mit Blick nach hinten, Amigo noch mal tätscheln, da er so brav war, und schließlich über den Po des Pferdes runterrutschen. Nach dem Training versorgen die Kinder das Pferd. Lina (5), die Jüngste, kommt aus dem Stall gelaufen und freut sich riesig: „Ich durfte heute Amigo Leckerle geben. Er hat meine Fingerspitzen abgeleckt!“

 

Info: AUGSBURGER PFERDESPORTVEREIN E.V.
Oberer Auweg, Augsburg, www.augsburgerpferdesportverein.de
Kontakt: Peter Kugland, 1. Vorstand, Tel.: 0821 / 60 15 84, peter.kugland@t-online.de
Voltigieren ab ca. 5 J., Training 1 – 2 x / Woche, Mitgliedsbeitrag: 30 € / Jahr + Monatsbeitrag
30 € , Turniermannschaft 58 € inkl. Turnhallengebühr, Aufnahmegebühr 50 €