Start ins Leben: „Du sollst…, für das Baby ist es am Besten … „

HINWEIS: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr (Erscheinungsdatum: 27. März 2020). Es kann sein, dass Inhalte dieses Artikels sich geändert haben. Hier geht es zu unseren aktuellen Meldungen.

Von der Schwierigkeit für Eltern, den eigenen Weg mit dem Baby zu finden

Kein Alkohol, kein Nikotin – versteht sich von selbst in der Schwangerschaft. Aber neben den leicht nachvollziehbaren Ratschlägen zu Ernährung und sonstigen medizinischen Besonderheiten in der Schwangerschaft gibt es eine Vielzahl von Empfehlungen und Ratschlägen, die aus den verschiedensten Richtungen an das Schwangerenohr gelangen.
„Iss‘ keine Erdbeeren, das macht dem Kind Allergien“ (Blödsinn, weiß ich heute; bei meiner ersten Schwangerschaft ein harter Schlag!), „Das Baby muss man ruhig auch mal schreien lassen.“, „Das Baby darf man auf gar keinen Fall schreien lassen, sonst wird es traumatisiert.“, „Du musst unbedingt stillen, sonst wird das Baby später dauernd krank.“, „Wir haben früher auch nicht gestillt, aus euch ist auch was geworden.“

Auch in Ratgebern und Sachbüchern habe ich während meiner Schwangerschaft immer wieder Empfehlungen entdeckt, die mich unter Druck gesetzt haben. Was, wenn ich nicht stillen kann, wo es doch so gut ist für das Immunsystem? Oder wenn ich merke, dass es einfach nicht zu mir passt? Das Kind so lange es will bei mir schlafen lassen? Etwa bis 18? Sicher ist es wichtig und gut, dass es ExpertInnen und Laien gibt, die mit Rat und Tat zur Seite stehen. Beim ersten Kind gibt es schließlich auch kaum Erfahrungswerte, auf die zurückgegriffen werden können. Was aber tun, wenn Ratgeber und Tipps mehr verunsichern oder verärgern als sie nützen? Zunächst gilt es, eine gute Auswahl zu treffen. Gibt es Freunde, Bekannte, mit denen es sich gut anfühlt, sich auszutauschen und vielleicht welche, die mich schon häufig verunsichert oder geärgert haben? Denn es ist erlaubt, egal in welcher Beziehung man zur jeweiligen Person steht, sich auszusuchen, mit wem ich mich über diese Themen austauschen möchte. Grundsätzlich gilt: Sätze, die mit „Du musst…“ oder „Du sollst…“ beginnen – egal, ob sie von außen oder möglicherweise von einer Art innerem Antreiber kommen – sind meistens nicht hilfreich und führen zu Leistungsdruck und eben nicht zur nötigen Entspanntheit, die man als Eltern eines kleinen Babys benötigt.

Viel wichtiger ist die Frage, was passt zu mir? Was führt dazu, dass ich mich gut auf mein Baby einstellen kann? Eine Mutter, die stillt, obwohl sie sich damit nicht wohl fühlt, sich aber damit quält, weil „man es so macht“ wird sicher keine schlechtere Mutter sein, wenn sie sich entscheidet die Flasche zu geben. Vielleicht wird sie sich dann entspannter fühlen und kann besser auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen.

Eine andere Familie merkt, dass es für die gesamte Familie entspannter ist, wenn alle in einem Bett schlafen. Das Kind dann auszuquartieren, weil es ab einem bestimmten Alter so „empfohlen“ wird, kann dann bei dieser Familie schnell zu Stress führen. Oder andersrum, alle schlafen besser, wenn das Baby im eigenen Zimmer schläft.

Es ist eigentlich ganz einfach: Jede Mutter sollte auf ihr ureigenes Bauchgefühl hören und ihrer Intuition folgen. Was fühlt sich gut und harmonisch an? Dann wird sie in sich ruhen und alles richtig machen – richtig für sich selbst und ihr Kind. Und sollte sich eine Entscheidung doch nicht bewähren, dann kann es immer wieder geändert werden. Eigene Erfahrungen und vielleicht sogar Fehler gehören dazu! Und mal ehrlich, was kann denn Katastrophales passieren, wenn man es anders macht, als der letzte Ratgeber empfohlen hat? Ein völlig missratenes, bindungsgestörtes, immungeschwächtes Kind? Ich glaube nicht!

Info: ANNE BRÜCKNER
Psychologin und Familientherapeutin,
derzeit mit ihrem zweiten Kind in Elternzeit
pro familia Augsburg e.V., Hermanstr. 1
Termine nach Vereinbarung.
Tel.: 0821 / 450 36 20
www.profamilia.de/augsburg