Eines haben der zweijährige David, der Abiturient Jakob, die junge Polizistin Giulia und die selbstständige Zahnärztin Michaela gemeinsam: Sie alle waren oder sind mit ihren Eltern Teil einer Eltern-Kind-Gruppe des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB). Seit genau 40 Jahren gibt es dieses Angebot, das mit über 200 Gruppen in ganz Schwaben vertreten ist.
David freut sich jede Woche, in der „Pieleguppe“ seine Freundinnen und Freunde wiederzusehen. Gemeinsam spielen sie in der vorbereiteten Umgebung, bauen Sozialkontakte auf und lernen, auch mal etwas abzugeben. Die Eltern konzentrieren sich während des Freispiels auf die Beobachtung der Kinder, eines der zentralen Gruppenelemente: „Das Beobachten stärkt die Bindung zwischen Eltern und Kind und vor allem das Verständnis für das eigene Kind“, erklärt Andrea Schmid, langjährige Fachfrau für das Programm. „Zudem bekommen die Mütter und Väter durch die Beobachtung der Interaktion zwischen den Kindern untereinander sowie im Beobachten der anderen Familien und der Gruppenleitung neue Ideen für die eigene Erziehung.“
Bei Erziehungsfragen oder Entwicklungsthemen nicht alleine dastehen, das ist es, was sich Eltern oft wünschen. „Wir tauschen uns aus, wir schließen Freundschaften und wir verstehen unsere Kinder besser“, so fasst es Martin, Vater des zweijährigen David, zusammen. „Es tut gut zu merken, dass wir kompetente Eltern sind und dass wir vieles richtig machen!“ Dann sei es oft leichter, mit neuen Entwicklungsschritten oder Erziehungsaufgaben klar zu kommen.
Das bestätigt auch Andrea, die vor 16 Jahren mit dem kleinen Jakob eine Gruppe besuchte. „Jakob war unglaublich lebhaft und hat mit seinem Überschwang oft die anderen Kinder erschreckt.“ Gemeinsam mit der Gruppenleitung und mit der Unterstützung der anderen Eltern hat sie einen guten Weg gefunden, dieses Verhalten in der Gruppe aufzufangen. Mit seinem besten Freund von damals ist Jakob nach dem Abitur nach Neuseeland gereist – die hitzigen Streitereien um den beliebten Bagger sind längst vergessen.
Die Eltern-Kind-Gruppen werden damals wie heute von ehrenamtlichen Gruppenleiterinnen organisiert und geführt. Diese werden in einem speziellen Seminar auf ihre Aufgabe vorbereitet, lernen Basics zu Kleinkindpädagogik und Kommunikation und beschäftigen sich mit Sinn und Ziel von Regeln und Ritualen für den Gruppenalltag. Sie bekommen auch einen reichen Fundus an praktischem Material – quasi die Schatzkammer der Gruppen. So berichtet Michaela über ihre eigene Familienzeit: „30 Jahre später hat meine Mutter einen alten Schnellhefter rausgezogen und mir übergeben. Jetzt habe ich sie selbst gesungen, die ganzen bekannten Lieder, Schoßreiter und Fingerspiele.“
Im Zentrum der Gruppen steht die Gemeinschaft. Das ist wohl auch das Besondere an diesem Projekt, findet Brigittes Omasreiter, die seit über 17 Jahren Gruppenleiterinnen für den KDFB ausbildet: „Ich beobachte immer wieder, wie wertvoll das Miteinander von Kindern und Erwachsenen ist. Kommunikation und Kooperation untereinander gelingen wunderbar und so wächst die Zufriedenheit und das Glück in dieser besonderen Lebensphase.“ Eltern erleben sich als kompetent und unter Gleichgesinnten, die auch mal über eine der vielen Alltagshürden straucheln. Der strukturierte Ablauf der Gruppentreffen mit Freispiel, gemeinsamer Sing- und Spielrunde sowie Brotzeit ist für die Kleinkinder eine erste Hinführung zum Kita-Alltag. Die Eltern, die tiefer in Erziehungsthemen einsteigen wollen, können auf jede Phase des Kindes zugeschnittene Vorträge besuchen: vom Grenzensetzen bis zur Medienkompetenz.
Über die letzten Jahre hat sich natürlich viel verändert, im Alltag der Familien, in den Ansprüchen, aber auch in den Herausforderungen. Von vielen Seiten wird Druck erzeugt, so erlebt es Eva, die demnächst ihr erstes Kind erwartet. Am besten schon vor der Familienplanung die Elternzeit genau festlegen, mit der Frühförderung schon kurz nach der Geburt beginnen, den Kita-Platz schon morgen zusagen … Wo bleibt hier noch Raum für gemeinsame Zeit und entspannte Elterngespräche? Tatsächlich haben diese Argumente Gewicht. Vielleicht hilft da, was die 75-jährige Gertrud Schmotz – seinerzeit die Initiatorin der Eltern-Kind-Gruppen – jungen Familien mit auf den Weg geben möchte: „Ich wünsche den Familien, dass sie ihre Aufgabe als Eltern als sehr hochwertig ansehen. Ich wünsche ihnen, dass sie gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung erleben mögen. Denn Kinder sind Zukunft und das Wertvollste, das wir haben.“
Eltern-Kind-Gruppen im KDFB gibt es an zahlreichen Orten in ganz Schwaben. Sie richten sich an Kinder von einem halben bis drei Jahren und werden von einer ehrenamtlichen Leitung organisiert. Die Teilnahme ist kostenfrei und wird durch Zuschüsse unterstützt.
INFO:
Eltern-Kind-Gruppen im KDFB
für Eltern mit Kindern 0,5 – 3 J.
Infos: Tel.: 0821 / 31 66-3441
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