„Gutes Olivenöl hinterlässt ein leichtes Kratzen, das abgeklungen sein sollte, bis man bis 15 gezählt hat”, sagt Birol Duran, während er ein kleines Stückchen Fladenbrot in Öl tunkt. Auf der Theke duftet es nach Sonne, Wochenmarkt und heißem schwarzen Tee; in kleinen Schalen üppig aufgetischt liegen großzügig für die Verkostung bestimmt: Oliven, grün und schwarz, Öl, naturbelassener Granatapfelsirup, frischer Feigenaufstrich, feinstes Tahin aus selbst geröstetem und gemahlenem Sesam. Es ist ein Fest. Mitten im Gespräch winkt der herzliche Gastgeber aus dem Fenster seines Ladens in der Göggingerstraße. Eben fährt die Trambahnlinie 1 vorbei, der Fahrer ist ein Stammkunde und geschätzter Kollege. Steht Birol Duran nämlich einmal nicht in seinem Eldorado für mediterrane Feinkost, geht er seinem anderen Beruf als Bus- und Straßenbahnfahrer nach.
2019 eröffneten er und seine Frau das Geschäft in Augsburg. Die Inneneinrichtung ist stilvoll und durchdacht in Farbe und Struktur einem Olivenbaum nachempfunden. Es ist hell und geräumig genug für ausgewählte natürliche Delikatessen und Tagträumereien von Bergen und Meer.
Seit 20 Jahren lebt der Olivenbauer in Augsburg, die Wintermonate jeden Jahres verbringt er in der Türkei. Östlich von Fethiye, genau zwischen Rhodos und Antalya, am Torrosgebirge, lebt seine Familie. Dort stehen auf 4,5 Hektar auch seine Olivenbäume, 200 aus altem Bestand sowie rund 1000 Jungpflanzen, die er und seine Familie vor 20 Jahren setzten.
Birol Duran lernte rund um Olive und Öl alles von klein auf von seinen Großeltern, die bereits für den Eigenbedarf Oliven angebaut, sonnengereift geerntet und gepresst haben. „Damals haben wir die Oliven noch mit der Steinmühle zermatscht. Den Geruch und Geschmack vergisst man nie“, schwärmt er.
Auch heute kümmern sich er und seine Familie um Anbau und Pflege der Olivenbäume noch weitestgehend ohne Einsatz von Maschinen: der Baumschnitt im Frühjahr, das Wässern und Lockern der Böden, Pflanzenschutz durch Kalksteinschicht und Fledermausdung.
Selbst die Ernte erfolgt anders als inzwischen üblich noch umweltschonend bei Tageslicht per Hand. Da sind Mutter, Schwester, Brüder und deren Partner:innen involviert, der ganze Familienclan macht mit.
Nur gepresst wird heute mit hochmoderner Technik. Birol Duran lässt seine Oliven in einer Manufaktur in der Türkei kalt pressen, bei 22 bis 30 ° C, sein Öl wird nicht gefiltert. Besonders wichtig für den Erhalt eines erstklassigen Öls ist es, in der Erntezeit jeden Tag zu ernten und zu pressen, da Oliven nicht lange herumstehen dürfen. Bis zu Tisch braucht eine Olive ungefähr ein Jahr, der Bauer schneidet sie nach der Ernte ein, wässert sie, und wechselt das Wasser zehn Mal – dann sind sie verzehrfertig. Bis in den Laden nach Augsburg benötigt sie nur unwesentlich länger, per Speditionsfirma finden Olive, Öl und Co zügig ihren Weg in die Gögginger Straße.
Neben seinen Herzstücken, dem extranativen Olivenöl in mild und vollmundig, grünen und schwarzen Oliven, finden sich auch andere Spezialitäten, darunter handgepflückte Kräuter oder schwarzer also fermentierter Knoblauch aus einer fruchtbaren Vulkanregion in der Türkei. Die Zehen sind weich und haben es in sich. Die Fermentation führt zu erhöhten Nährwerten und hinterlässt dabei weder Fahne noch Winde.
Die Auswahl der mediterranen Köstlichkeiten aus eigenem Anbau wird noch ergänzt durch naturbelassene Produkte anderer Bauern oder kleiner Manufakturen. Als qualitätsbewusste Genussmenschen durch und durch kommt dem Olivenbauerpaar aber nur ins Regal, was es selbst gern isst und vorher getestet hat. Außerdem vertreibt er seine hochwertigen Salbei-, Johanniskraut- und Lavendelöle, die eigentlich zur kosmetischen Anwendung bestimmt sind, „aber da ist sonst nichts drin, eine Kundin schüttet sich die sogar über ihren Salat“, lacht er.
INFO:
derolivenbauer
Feinkostladen und Onlineshop
Gögginger Str. 74, Augsburg (Parken im Innenhof mögl.)
Tel.: 0821 / 26 21 51 44
Mo – Sa: 10 – 19 Uhr
Verkostungen auch nach 19 Uhr vereinbar. Olivenöl und schwarze Oliven können nachgefüllt werden.