Wenn das Angstmonster um sich greift

HINWEIS: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr (Erscheinungsdatum: 7. April 2022). Es kann sein, dass Inhalte dieses Artikels sich geändert haben. Hier geht es zu unseren aktuellen Meldungen.

Nazan Simsek, Vorsitzende des Kinderschutzbundes Augsburg, im liesLotte-Gespräch über das Erlernen von Geduld

An sich sind Ängste Bestandteil einer gesunden Entwicklung eines Kindes. Die Furcht vor der Dunkelheit oder vor Spinnen, die Angst vor fremden Menschen oder vor dem Alleinsein – all das ist zunächst normal und hat auch eine schützende Funktion. Sie gehören zudem zum natürlichen Entwicklungsverlauf des Kindes dazu.

Die Umstände, denen die Kinder insbesondere in den letzten zwei Jahren ausgesetzt waren, haben jedoch zu weiteren Ängsten bei Kindern und Jugendlichen geführt. Dabei haben Kinder und Jugendliche ihre entwicklungsbedingten Bedürfnisse zurückstellen müssen und waren auf Unterstützung und Stärkung durch Erwachsene angewiesen, um ihre Erlebnisse, Eindrücke und Sorgen adäquat verarbeiten zu können. Insbesondere für die Jugend, welche sich in der Pandemie wenig verstanden und gesehen fühlte, ist der nun aufgekommene Krieg in der Ukraine mit weiteren Sorgen, die Zukunft betreffend, verbunden.

Wie kann nun mit Kindern und Jugendlichen über den Krieg gesprochen werden, ohne diese zusätzlich zu belasten oder gar noch mehr zu verunsichern? Bei Gesprächen sollten Eltern stets ihr Kind im Blick haben. Dabei ist es wichtig, das Gespräch altersgerecht zu führen und das Kind nicht mit Informationen und Bildern zu überfordern.

Im Kleinkindalter sind konkrete Beispiele hilfreich. Man sollte dabei die kindliche Sprache und Bilder nutzen. Wenn Kinder von einem Streit berichten, sprechen sie beispielsweise vom „Bestimmer”. In Anlehnung an einen Streit zwischen Kindern den Konflikt von Erwachsenen darzulegen, hilft dem Kind, den Sachverhalt besser zu erfassen und schützt es vor Überforderung.
Mit älteren Kindern kann man durchaus sachlicher über die Thematik des Krieges sprechen. Eltern sollten darauf achten, keine klaren Schuldzuweisungen zu nennen. Kinder erfahren die erlebte Zeit als prägend, auch für ihre Haltung anderen gegenüber. Es ist wichtig, dass die Erwachsenen einer Spaltung der Gesellschaft entschieden entgegentreten und nicht durch eigene Haltungen die Kinder insoweit prägen, dass eine Ablehnung oder gar ein Vorurteil ein bestimmtes Land betreffend entsteht.

„Nehmen Sie die Gefühle des Kindes oder Jugendlichen ernst” betont Nazan Simsekt. „Hören Sie zu. Beschwichtigen Sie nicht bestehende Ängste oder Sorgen und verlieren Sie sich nicht im Pauschalisieren. Erklären Sie dem Kind oder Jugendlichen altersgerecht die gegebene Situation und nutzen Sie hierfür auch Angebote in den Medien, welche explizit für Kinder und Jugendliche zur Informationserfassung zur Verfügung stehen.”

Auch hilft es durchaus, miteinander aktiv zu werden. Während der Pandemie haben viele Kinder Steine bunt bemalt und zum Beispiel an der Wertach entlang gelegt. Das hat den Kindern geholfen, die Eindrücke und Gefühle zu verarbeiten und auch gleichzeitig aufzufangen. Diese Möglichkeit gibt es nun auch im Hinblick auf die Thematik des Krieges. Eine Kerze miteinander anzünden, eine Friedenstaube oder Friedensflagge malen, sind einige wenige Beispiele.
Die Kinder haben ein Feingefühl dafür, wie sich ihre Bezugspersonen fühlen. Eltern sollten daher darauf achten, ihre eigenen Ängste und Sorgen nicht auf das Kind zu projizieren. Kinder brauchen Halt und Stärke, um sich zu einer starken Persönlichkeit entwickeln zu können.

Kinder sind wunderbare Persönlichkeiten und für uns Erwachsene können auch sie Vorbild sein. Kinder streiten miteinander und können trotzdem weiterhin miteinander spielen. Kindern ist das Glück wichtiger, als der eigene Stolz oder das Recht behalten. Auch in herausfordernden Zeiten ist doch das größte Geschenk: Liebe, Geborgenheit und Verständnis für und von ihren Liebsten. „Die Dinge, die man als Kind geliebt hat, bleiben im Besitz des Herzens bis ins hohe Alter. Das Schönste im Leben ist, dass unsere Seelen nicht aufhören, an jenen Orten zu verweilen, wo wir einmal glücklich waren.“ (Zitat: Khalil Gibran). Trotz aller Herausforderungen, die uns ereilt haben : Das Leben ist schön! Es ist eine bunte Reise mit Mut im Herzen.

INFO:
Kinderschutzbund Augsburg
Volkhartstr. 2, Augsburg

www.kinderschutzbund-augsburg.de

Foto: Adobe Stock, Andreas Berheide